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Das neue Proletariat und die Gewerkschaftsriesen

Von Peter Kessen

Die deutschen Gewerkschaften haben in den vergangenen zehn Jahren fast eine Million Mitglieder verloren, der Organisationsgrad in den Unternehmen sank um fast fünf Prozent. Die Fauistas kämpfen gerade da, wo die Gewerkschaftsriesen ihre Probleme haben, im Bereich prekärer Jobs, dort wo ein neues Proletariat entsteht.

An der Mall of Berlin etwa, direkt neben dem Potsdamer Platz, protestiert die anarchosyndikalistische Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union) gegen den vermeintlichen Lohnraub an rumänischen Bauarbeitern. Die schwarze Katze leuchtet auf einer roten Fahne, die vor Deutschlands wohl luxuriösester Shopping Mall flattert.

Die Anarchisten finanzieren die langwierigen Prozesse der Arbeiter. Ihre Methoden sind radikal und ungewöhnlich. Das Feature untersucht, ob diese Mini-Gewerkschaft eine Alternative zu den großen Arbeitnehmervertretungen sein kann.

Das SWR2-Feature zum Nachhören

An der Ludwig-Maximilians-Universität in München blockiert der sogenannte Verfassungsschutz die Vergabe einer Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an Kerem Schamberger – allein aufgrund seiner linken Gesinnung. Aber Kerem Schamberger ist kein Einzelfall. „Alleine in diesem Jahr wurden bis August 2016 mehr als 530 BewerberInnen für den öffentlichen Dienst einer Gesinnungsprüfung durch den ‚Verfassungsschutz‘ unterzogen“, sagt Simon Schaupp, Sprecher des Bündnisses gegen Gesinnungsschnüffelei. Zu wie vielen Berufsverboten dies geführt hat, sei nicht bekannt.

Obwohl der „Radikalenerlass“, mit dem Linke aus staatlichen Institutionen ferngehalten werden sollten, seit 1991 auch in Bayern offiziell abgeschafft ist, müssen heute noch AnwärterInnen auf Stellen im öffentlichen Dienst einen „Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue“ ausfüllen und angeben, in welchen politischen Organisationen sie aktiv sind oder waren. Eine „Extremismusliste“ ist jedoch völlig ungeeignet, menschenfeindliche Ideologien aus den staatlichen Organen fernzuhalten.

Die Botschaft war klar, der Andrang groß. Über 80 Klinikbeschäftigte stellten auf einer Podiumsdiskussion am 25.10.2016 im völlig überfüllten Café Gramsci eine Forderung gegenüber der Helios Unternehmensführung nach mehr Personal und eine Sperrung von Betten bis dahin auf.

Die Unabhängige Betriebsgruppe am Klinikum lud zu der Veranstaltung mit Matthias Gramlich (Unabhängige Betriebsgruppe), Stefan Löwl (Landrat, Mitglied des Aufsichtsrats) und Claus Dieter Möbs (Bettriebsratsvorsitzender), ein. Bereits Anfang Oktober wurden die KollegInnen seitens der Betriebsgruppe in einem Flugblatt aufgefordert, dafür zu sorgen das ständige Arbeiten in Unterbesetzung nicht mehr zu dulden, stattdessen zusammen zu halten und für mehr Personal zu kämpfen. Mitte Oktober griff auch die Presse den Personalmangel und die schlechten hygienischen Zustände im Klinikum auf.

Personal oder Profit?

Diskussion über Arbeitsbedingungen und Zukunft der Helios Amper Kliniken Dachau

Es diskutieren:

Matthias Gramlich (Krankenpfleger, Unabhängige Betriebsgruppe am Klinikum Dachau)

Stefan Löwl (Landrat, Mitglied des Aufsichtsrats)

Claus Dieter Möbs (Betriebsratsvorsitzender)

Vor zwei Jahren übernahm die Helios GmbH mehrheitlich ihren Konkurrenten Rhön Klinikum AG. Das bedeutete für die Amper Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf eine erneute Übernahme durch damit Europas größten Klinikkonzern.

In diesem Zeitraum haben nicht nur die bereits zuvor bestehenden Probleme des Personalmangels und die damit verbundene hohe Arbeitsbelastung im Klinikum Dachau enorm zugenommen. Sie haben sich derart verschärft, dass die Berufsgruppen Pflege, Reinigung, Bettenaufbereitung und Patienten Service täglich am Rande des Machbaren arbeiten und immer öfter darüber hinaus. In der Reinigung wurden Stellen reduziert, in der Pflege die Stellen von freiwilligen Kündigungen nicht nachbesetzt. Die Küche wurde im Juli diesen Jahres komplett geschlossen, die Mehrheit des Personals gekündigt.

Die Interessen der Beschäftigten spielen im Klinikkonzern eine untergeordnete Rolle im Streben nach der vorgegebenen Gewinnspanne. Und das, obwohl die Amper Kliniken schon im Rhön Konzern eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Kliniken darstellten. Der Druck diese Ziele zu erreichen landet tagtäglich auf den Schultern des überlasteten Personals.

In letzter Zeit wurden in der Presse Mängel bei Personal und vor allem in der Hygiene thematisiert.

Missstände sind für die Dachauer Bevölkerung als potentielle Patientinnen und Patienten oder Angehörige von Interesse. Ebenso für die Kreispolitik, da der Landkreis 5,1% Anteile an den Kliniken hält.

Es muss eine öffentliche Debatte mit Beschäftigten, Betroffenen und der Politik darüber geführt werden, in welche Richtung sich die Kliniken bewegen.

Dienstag, 25. Oktober 2016, 20:00

Ort: Cafe Gramsci, Burgfriedenstraße 3, Dachau Altstadt

In Frankreich will die Regierung eine massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zugunsten der Konzerne einführen, der Protest gegen diese Reformen wurde zum Massenwiderstand: Straßen, Häfen, Raffinerien werden blockiert, es wird gestreikt, Hunderttausende demonstrieren.
Konkret geht es bei den Reformen um die Verlängerung der Wochenarbeitszeit, die Aufweichung des Kündigungsschutzes, die Verringerung des Überstundenzuschlags, die drastische Reduktion der Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen, etc.
Für Dienstag den 14. Juni ruft das Bündnis der protesttragenden Gewerkschaften intersyndicale zu einem Aktionstag in Paris auf, der in ganz Europa durch dezentrale Aktionen unterstützt wird.  Die Freie ArbeiterInnen Union München (FAU) wird vor dem französischen Generalkonsulat (Heimeranstr. 31, 80339 München) zwischen 9.00 Uhr und 12.00 Uhr eine Solidaritätskundgebung abhalten.

Das Flugblatt zur Kundgebung findest du hier

+++"Die Kündigung von 'Low Performern"+++"So flexibilisieren Sie Ihre Arbeitsverhältnisse"+++"So werden sie ihren Betriebsrat los"+++

Damit bewirbt die Anwaltskanzlei "Schreiner & Partner" bundesweit ihre Schulungsseminare für Arbeitge­ber_Innen, Personaler_Innen und leitende Angestellte. Dort bringen ihnen die Jurist_Innen bei, wie sie ge­gen Betriebsrät_Innen und Gewerkschafter_Innen vorgehen und die Rechte ihrer Beschäftigten aushebeln können.


"Schreiner & Partner" wollen ein ganzes Repertoire an Methoden vermitteln, um Arbeitnehmer_Innen zu drangsalieren und Betriebsräte anzugreifen ­ wie einige Beispiele aus deren Seminar­plan zeigen:
­- Krankheit und Fehlverhalten als Kündigungsgrund
- So gestalten sie kreativ Kündigungsgründe
- ­ Lohnkürzungen durch betriebsbedingte Änderungskündigung
­- Wie löse ich einen bestehenden Betriebsrat auf?
­- Anti­Gewerkschaftsstrategie: So reduzieren Sie den Einfluss von Gewerkschaften im Betrieb