Frauen*spezifische Ausbeutung im Kapitalismus

 

So überflüssig das in seiner Banalität scheinen mag, so notwendig ist es immer noch darzustellen dass Frauen*1 an der Gesellschaft als vollwertige Subjekte teilnehmen wollen. Dies beinhaltet sich frei von Gewalt in ihr bewegen, sich materiell selbst erhalten und Beziehungen frei wählen sowie beenden zu können. Frauen* haben wie andere Personen auch den Wunsch, diese Gesellschaft mitzugestalten. In der Realität stehen dem allerdings konkrete strukturelle Hindernisse im Weg die Frauen* zu einer diskriminierten Mehrheit machen!

Das Private ist nach wie vor politisch.

Die Verschränkung patriarchaler Strukturen mit dem Diktat wirtschaftlicher Eigenständigkeit führt auch heute dazu dass Frauen* sich einer besonderen Situation gegenüber sehen: Einerseits müssen sie sich wie jeder Mann in mehr oder minder guter Lohnarbeit ausbeuten lassen um für sich selbst zu sorgen, wobei dieselbe Arbeit oft geringer entlohnt wird beziehungsweise der Zugang erschwert wird. Andererseits wird von weißen deutschen Frauen immer noch stark erwartet Kinder zu bekommen und innerhalb einer monogamen Beziehung den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit zu übernehmen. Tatsächlicher Wille und körperliche Fähigkeit stehen dabei garnicht zur Diskussion. Durch sexistische Charakterzuschreibungen wird Frauen schlussendlich vorgeworfen, es ja genau so zu wollen.

Die Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“/“unnatürlichen“ Frauen* führt andererseits dazu, dass es noch weitere Unterteilungen gibt die ganz entscheidend für den Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe und materiellem Auskommen sind: Gut ist nur die weiße, gebildete heterosexuell orientierte cis- Frau, wenn auch immer nur in Bezug auf den dazugedachten Mann. Schlecht sind alle anderen: Zum Beispiel nicht-weiße, arme, schlecht ausgebildete, behinderte, lesbische oder trans- Frauen*. Sie sind überproportional oft zu extrem prekarisierter oder als minderwertig angesehener Lohnarbeit gezwungen. Die Fähigkeit für Kinder zu sorgen wird ihnen jedoch allesamt abgesprochen, ihre reproduktiven Rechte nicht selten mit Füßen getreten.

Sorgearbeit ist nicht öffentlich sichtbar.

Die Verweiblichung und anschließende Abwertung von Tätigkeiten ist insbesondere im Bereich der Sorgearbeit immer noch gewollt: Diese Tätigkeiten gelten als angeblich „unbezahlbar“. Dies ist nachzuvollziehen, da sorgearbeitende Menschen nicht gleichzeitig für die Lohnarbeit zur Verfügung stehen, diese Arbeit also zuverlässig ausgelagert werden muss.
Die Infragestellung ihrer Rollenbilder ist abgesehen davon immer noch eine Bedrohung für viele männliche Identitäten: Patriarchale Rollenbilder dienen einer Sicherung der materiellen Überlegenheit und des Einflusses auf die Beziehungs- und Familienstruktur. Und wer sonst nichts mehr hat, dem bleibt als Trost die Gewalt über die Familienmitglieder.
Wie so manch anderes wird immer wieder gefordert soziale Berufe besser zu bezahlen. Selbstverständlich muss auch in diesem Bereich ein menschenwürdiger Lohn gezahlt werden! Dies jedoch stellt die Ungerechtigkeiten der herrschenden Verhältnisse nicht in Frage. Die Auslagerung dieser Tätigkeiten gegen mehr oder minder guten Lohn vermittels Haushaltshilfen, Au- pairs oder migrantischen Pflegekräften greift weder kapitalistische Machtverhältnisse an noch führt sie zu einer Gesellschaft in der geboren werden, Kind sein, krank sein, alt sein und sterben den Platz einnehmen der für ein würdiges Dasein nötig ist.

Und jetzt?

Die überproportionale Belastung von Frauen muss auf die Schultern aller umverteilt werden die wollen und können! Dadurch wird eine gesellschaftsbildende Kraft frei die in der Lage ist die allumfassende Verwertungslogik von einem per se außerkapitalistischen Standpunkt aus anzugreifen.
Wir als FAU München wollen eine Gesellschaft, in der die Voraussetzungen der einzelnen Person nicht entscheidend sind für ihr Recht auf Teilhabe, auf freie Lebensgestaltung und Freiheit von Diskriminierung. Die Überwindung des Patriarchats ist eine Grundbedingung für das Ende kapitalistischer Ausbeutung!

1Der * will in diesem Text an angebrachter Stelle darauf hinweisen, dass nicht alle Personen die sich selbst als Frauen bezeichnen zwingend ihr bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht vertreten. Da frauenfeindliche Mechanismen aber auch an ihnen greifen sollen sie explizit eingeschlossen werden.