»Arbeiten und die Klappe halten. Das hätten Chefs gern«. Dies stand am Anfang des gemeinsamen 1. Mai-Aufrufs antiautoritärer Münchner Gruppen und Organisationen. Beides war am diesjährigen 1. Mai 2024 aber nicht der Fall. Zur Kundgebung am Rotkreuzplatz, die vom Allgemeinen Syndikat München der FAU, dem (Queer)Feministischen Streik München, dem Solidarity Network Dachau sowie dem Infoladen A-Tram organisiert wurde, kamen deutlich mehr Menschen als in den Jahren zuvor. Das kann nicht nur am schönen Wetter gelegen haben. In den betrieblichen Beiträgen wurde den über 80 Teilnehmenden berichtet, dass Klassenkampf täglich stattfindet und Arbeiter*innen ihre Interessen – für Außenstehende bisweilen unbemerkt – durchzusetzen versuchen.

 

Geschildert wurden beispielsweise die Situation in Kindergärten oder im Klinikum Dachau des Gesundheitskonzerns Helios. Einige Einrichtungen klagen über zu wenig finanzielle Mittel, andere wollen ein Maximum an Profit erzwingen. Das Resultat ist dabei das gleiche: zu wenig Personal, zu viel Arbeit für zu wenig Hände. Während die sozialpartnerschaftliche Gewerkschaft Verdi viele Bedürfnisse der Kolleg*innen traditionell nicht aufgreift, laufen Chefs gegen selbsorganisierte Beschäftigte in zunehmender Rigorosität Sturm. Gerade der Helios Konzern hat im vergangenen Jahr alles Mögliche unternommen, um ein offenes Agieren der dortigen unabhängigen Betriebsgruppe unmöglich zu machen. Auch im Beitrag aus dem Stammwerk von MAN in München wurde deutlich, dass Sparkurse und Stellenabbau die dortigen Kolleg*innen wütend machen und das Vertrauen in den als unternehmensfreundlich wahrgenommenen Betriebsrat verlieren lassen. Der Gewerkschaft IG Metall halte man oft nur die Stange, da es keine kämpferische Alternative gebe.

Was in allen Beiträgen auf der 1. Mai-Kundgebung herausklang, war die Tatsache, dass es längst überfällig sei sich selbst zu organisieren – in den Betrieben, aber auch darüber hinaus. Zu letzterem gab das Solidarity Network Dachau ein Beispiel und schilderte seine Praxis. Neben einer wöchentlichen Küche für Alle (KüfA), die Essen umsonst anbietet und dabei Raum für einen gegenseitigen Austausch ermöglicht, wird darüber hinaus auch bei Bedarf ausstehender Lohn eingetrieben oder Hilfe zur Selbsthilfe gegeben, um langfristig Gegenmacht von unten aufzubauen. Im Hauptredebeitrag des (Queer)Feministischen Streiks wurde die allgemeine Betreuungssituation in München stark kritisiert und auf die Problematik in der Care-Arbeit, also der Sorge- und Pflegearbeit in Haushalten, eingegangen. Das unentgeltliche Erledigen dieser Arbeit trifft nicht nur immer noch überwiegend Frauen, sondern ist unerlässlich für den Fortbestand des Kapitalismus, da dadurch die essenzielle Reproduktion der Arbeitskraft sicherstellt wird.

Zwischen den einzelnen Redebeiträgen lockerte eine Person in bester Singer/Songwriter Manier die Atmosphäre auf der Versammlung auf. Dabei erspielte sich die vortragende Person wohl ein Publikum über die Teilnehmenden hinaus, indem die reaktionäre Doppelmoral der bayerischen Staatsregierung aus queerer Perspektive ironisch aufs Korn genommen wurde.

Während des gesamten Verlaufs der Kundgebung auf dem Rotkreuzplatz stoppten immer wieder gerade vorbeigehende Leute und hörten den Beiträgen aufmerksam zu. Deswegen kann man sagen, dass das Konzept der antiautoritären 1. Mai-Kundgebung, durchaus Früchte trägt. Das oft beschworene Abholen der Menschen bei ihren konkreten sozialen Belangen wird nur möglich sein, wenn sich Leute in den geschilderten Berichten aus Arbeit und Alltag wiederfinden können. Statt mit »revolutionären« Phrasen die Nöte der Arbeitenden für eine Politisierung zu instrumentalisieren, gilt es vielmehr eine Sprache zu sprechen, die auch verstanden wird und im eigenen Leben nachvollziehbar ist. Dazu gehört beispielsweise ehrlich zu sein, denn politisch Engagierte sind nicht besser als andere Arbeiter*innen, die tagtäglich Geld für Wohnen und Leben verdienen müssen. Deswegen muss Solidarität aufgebaut werden – gemeinsam und nicht stellvertretend für andere. Betroffene und Arbeiter*innen müssen immer in die Lage gebracht werden, Form und Inhalte der Konflikte voll und ganz selbst zu bestimmen. Sie misstrauen zurecht allen, die sie ideologisch trimmen und politisch anleiten wollen. Und das ist auch angebracht. Der Alltag ist hart genug, da braucht es neben den Bossen keine weiteren Kommandierenden.

 

Im Anschluss an die Versammlung auf dem Rotkreuzplatz nahmen Teilnehmende im Gewerkschaftslokal der FAU in der Gabelsbergerstraße (Maxvorstadt) bei gemeinsamen Gesprächen noch mit Brotzeit, Getränken sowie Kaffee und Kuchen eine Stärkung zu sich. Für viele wurde schließlich der Tag beim libertären 1. Mai-Fest der A-Tram feierlich abgeschlossen.

Soviel wurde am Kampftag der Arbeiter*innen klar: Wir sind bereit für mehr. Schluss mit der Bescheidenheit.

 

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Die FAU München, Solidarity Network Dachau, (Queer)Feministischer Streik München und ATram rufen auf zur

 

1. Mai KUNDGEBUNG am ROTKREUZPLATZ um 11 UHR

 

SCHLUSS MIT DER BESCHEIDENHEIT
WIR LASSEN UNS NICHT KAPUTT SPAREN UND RUMSCHUBSEN

 

Arbeiten und die Klappe halten. Das hätten Chefs gern. Außerhalb des medialen Rampenlichts finden tagtäglich Konflikte und Kämpfe auf der Arbeit statt – gegen miese Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung, respektloses Verhalten.

 

Wir halten diese Gesellschaft am Laufen – an der Kasse, im Krankenhaus, im Kindergarten, am Steuer von Bus und Bahn. Ganz nebenbei kümmern wir uns um den Haushalt, versorgen Kinder und Angehörige.

Ob Produktion oder so genannte Dienstleistung, unsere geltenden Rechte finden oft nur auf dem Papier Anwendung.

 

Statt uns zu beklagen wollen wir ganz klar sagen:

Unsere Geduld ist am Ende!

Mit der Bescheidenheit ist Schluss!

 

Danach geht es weiter:

 

Revolutionäre Demo - 13 Uhr Rindermarkt

 

Nach der revolutionären Demo laden wir alle herzlich ein, ins Büro der

FAU zu Kaffee und Kuchen einzukehren (ab 15 Uhr, Gabelsbergerstr. 44).

 

Ab 17.30 Uhr startet dann das 1. Mai Fest in der A-Tram (Bahnwärter Thiel Gelände).

 

https://atram.noblogs.org/

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Wir laden alle Mitglieder und Interessierten, die uns kennen lernen wollen, herzlich zum gewerkschaftlichen Frühschoppen mit Weißwurst (auch fleischlos), Weißbier, Kaffee und Brotzeit ein. Besucht uns also gerne am Sonntag, 14.01.2024 ab 10 Uhr in unserem Gewerkschaftslokal.

Weißwürste bitte vorbestellen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Des weiteren werden wir ab sofort monatlich einen Kneipenabend in unserem Lokal veranstalten. Musik, Getränke, Ratsch und, bei Bedarf, gewerkschaftlichen Rat inklusive. Die jeweils aktuellen Daten finden sich immer im Kalender, das erste mal findet der FAU-Tresen am 26.01.2024 ab 19 Uhr statt.

Im Rahmen der globalen Woche für Solidarität mit den Streiks in der Textilindustrie in Bangladesch organisierte das Allgemeine Syndikat München der FAU direkt am Black Friday 24.11.2023 eine Aktion vor dem H&M Store in der Münchner Fußgängerzone. Trotz Niesel- und Schneeregen war diese erwartungsgemäß voller Menschen.

Die FAU-Aktiven informierten die Passant:innen mit Flyern und machten mittels Schildern und Durchsagen per Megafon auf die Situation der Beschäftigten aufmerksam. Man wollte explizit nicht den Zeigefinger gegenüber der Kundschaft erheben, sondern klarstellen, dass die Verantwortung für das Elend der Textilarbeiter:innen bei den westlichen Konzernen liegt, die bewusst wegen der niedrigen Produktionskosten dort ihre Textilartikel herstellen lassen. Genannt wurden neben den Marken Adidas, Nike, Hugo Boss, Giorgio Armani auch die Ketten Kik, C&A und eben H&M. Textilartikel aus Bangladesch machten 2022/23 vier Fünftel der Gesamtexporte des Landes aus. Die Passant:innen zeigten sich aufgeschlossen und binnen einer Stunde waren die Flyer restlos verteilt.

Auch auf das brutale Vorgehen des Staates Bangladesch gegenüber den Kolleg:innen muss aufmerksam gemacht werden – bisher wurden vier Arbeiter:innen auf Streikdemonstrationen von der Polizei getötet. Von einem Nachgeben der Streikenden kann jedoch keine Rede sein. Zuletzt wurden in Bangladesch bis zu 150 Textilfabriken bestreikt, da der Staat den Forderungen der GWTUC und anderer Gewerkschaften nicht nachkommt. Mit dieser Aktion in der Münchner Fußgängerzone weisen wir auf die globalen Lieferketten hin, aber auch auf die Unternehmen die über Grenzen hinweg spalten und ausbeuten. Ebenso deutlich muss die Vernetzung und Solidarität unter uns Beschäftigten weltweit bekräftigt werden, die wir den Machenschaften der Unternehmen entgegensetzen.

Globale Aktionswoche 20.-26.11.2023

In den vergangenen Monaten sind Beschäftigte der Textilbranche in verschiedenen Regionen Bangladeschs auf die Straße gegangen, um für eine angemessene Erhöhung des Mindestlohns zu kämpfen. Derzeit erhalten die Arbeiter:innen umgerechnet 68 EUR pro Monat. Die Gewerkschaften fordern eine Erhöhung auf mindestens das zweieinhalbfache, das Garment Workers' Trade Union Center (GWTUC) kämpft für einen Mindestlohn in Höhe von 212 EUR. Nach einer Woche intensiver Streiks, Blockaden und Straßenproteste kündigte die Lohnkommission am 7. November eine Erhöhung um 56% an. Dieser gilt ab Dezember 2023. Die Gewerkschaften lehnen dieses Angebot aufgrund der hohen Inflation und dem viel zu niedrigen Ausgangslohn als unzureichend ab und kündigten an, den Kampf für eine angemessene Erhöhung fortzusetzen.

Nach Angaben der GWTUC sind bisher vier Streikende bei den Auseinandersetzungen ums Leben gekommen. Viele weitere erlitten Schusswunden und sind schwer verletzt worden.

Nicht nur die Fabrikbesitzer, sondern auch die Marken, die diese Fabriken beliefern, sind Profiteure des Schweißes und der Arbeit der Beschäftigten. Die Produkte landen in den Geschäften weltweit – auch bei uns.

Die Woche des Black Friday (20. bis 26. November 2023) ist eine Gelegenheit Solidarität mit den Fabrikarbeiter:innen zu zeigen. Gemeinsam können wir Druck auf die Marken ausüben, damit sie ihre Unterstützung für einen existenzsichernden Mindestlohn zum Ausdruck bringen und die anhaltenden staatlichen Repressionen gegen die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften verurteilen.

Die FAU München wird sich am Freitag, den 24. November 2023 vor der H&M-Filiale in der Kaufingerstraße 18 (Nähe Marienplatz) versammeln und die Passanten auf die Situation in Bangladesch aufmerksam machen. Wir laden unsere Kolleg:innen, befreundete Gewerkschaften und alle, die den Kampf der Textilarbeiter:innen nach Kräften unterstützen wollen, dazu ein, mit uns von 17 bis 19 Uhr an der Kundgebung teilzunehmen. Lasst uns den Kampf auf die Straße tragen und gemeinsam die Marken konfrontieren!

Ende April wandte sich unser Mitglied aus einem Kindergarten in Brunnthal südlich von München an das Allgemeine Syndikat München der FAU, da sie versetzt wurde und dazu rechtlichen Rat suchte. Schnell stellte sich heraus, dass das nicht alles gewesen sein konnte und so wurde ihr daraufhin Mitte Mai ein Aufhebungsvertrag vorgelegt. Der Betrieb stellte sie kurze Zeit später frei.

 

Da es sich um einen Betrieb mit unter 10 Beschäftigten handelt, findet der Kündigungsschutz dort keine Anwendung (KschG §23) und es besteht auch kein Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Die mehrjährige Betriebszugehörigkeit der Kollegin spielt dabei keine Rolle. Die Gegenseite zeigte sich allerdings über die Modalitäten einer Beendigung gesprächsbereit und so trat die FAU mit der Anwältin der Einrichtung in Verhandlungen. Dabei ging es zunächst um den Zeitpunkt, der von Ende Juli auf Ende August um einen Monat nach hinten verschoben wurde, was einen Monat mehr Lohn bedeutet und auch das Melden bei der Agentur für Arbeit konnte hiermit umgangen werden. Denn zum Start des neuen Kindergartenjahres im September eine neue Stelle zu finden ist aufgrund des herrschenden Personalmangels natürlich wesentlich einfacher, als mitten im Kindergartenjahr.